Ganz selbstverständlich suchen wir morgens das Badezimmer auf, gönnen uns eine heiße Dusche und einen entspannten Gang aufs Töpfchen, bevor wir den Tag beginnen. Der Welttoilettentag lässt uns nachdenken. Wissen wir diesen Luxus überhaupt zu schätzen? Wer von uns denkt groß darüber nach, welches wunderbare Kulturgut wir damit haben?
Das war nämlich nicht immer so – noch vor ein, zwei Generationen gab es (vor allem in Wien) Substandard-Wohnungen mit der Toilette am Gang. Nachbarn teilten sich also ein WC. Im Volksmund nannte man das Gangklo „indisches Klo“, denn es lag immer „jenseits des Ganges“.
Zum wöchentlichen Duschen ging man damals ins Tröpferlbad. Das erste Volksbad wurde in Wien im Jahr 1887 im 7. Bezirk eröffnet. Ihren Namen bekamen die Bäder, da das Wasser bei viel Betrieb nur spärlich aus der Dusche tropfte. Heute gibt es noch knapp ein Dutzend dieser Badeanstalten, zum Beispiel das Apostelbad im 3. Bezirk oder das Penzinger Bad (14. Bezirk) und das Hermannbad im siebten Bezirk. Im Jörgerbad (17. Bezirk) findet sich sogar noch eine Wannenabteilung.
Während sich bei uns in Europa und in den USA die sanitären Verhältnisse im Laufe des 20. Jahrhunderts radikal verbesserten, können heutzutage immer noch Milliarden Menschen weltweit an diesem Luxus nicht teilhaben.
Von den acht Milliarden Menschen, die auf der Erde leben (Stand Oktober 2022), haben laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Unicef 3,6 Milliarden keinen Zugang zu sicheren und sauberen sanitären Anlagen. Rund zwei Milliarden Menschen haben kein sauberes Trinkwasser zur Verfügung, etwa 673 Millionen Erdenbürger:innen verrichten ihre Notdurft im Freien.
Der Welttoilettentag am 19. November soll daran erinnern, wie viele Menschen von menschenwürdigen sanitären Bedingungen ausgeschlossen sind. Vor allem in sehr armen Ländern Afrikas und Asiens ist die Situation schlimm. Zu den Mindestanforderungen würden reines Wasser und hygienische Bedingungen beim Klogang zählen – wie zum Beispiel die Möglichkeit, sich die Hände zu waschen. Oder auch das Recht auf Privatsphäre während des Geschäfts.
Dass beinahe die halbe Weltbevölkerung dieses Menschenrecht nicht hat, ist ein trauriger Beweis, wie ungerecht der Wohlstand noch immer verteilt ist.
Trockentoiletten als Lösung
Seit 2013, als die Vereinten Nationen den Welttoilettentag ins Leben riefen, der 2001 erstmals von der Welttoilettenorganisation in Singapur ins Spiel gebracht wurde, gibt es Bemühungen, die hygienischen Zustände für die vielen Milliarden Menschen zu verbessern. So hat Microsoft-Gründer Bill Gates gemeinsam mit dem südkoreanischen Unternehmen Samsung ein autarkes Klo für Schwellenländer entwickelt, das im August 2022 vorgestellt wurde.
Die Toilette funktioniert ohne Kanalisation. Durch Wärmebehandlung und Bioprozesse wird den Fäkalien Wasser entzogen, dann werden sie getrocknet und zu Asche verbrannt. Diese kann unbedenklich in der Umwelt entsorgt werden. Urin wird nach der Behandlung recycelt und das Abwasser aufbereitet. Noch ist das Projekt jedoch nicht serienreif. Das kann noch Jahre dauern.
Geeignete Lösungen für ärmere Regionen gäbe es also bereits. Auch Trockentoiletten (zum Beispiel von öKlo) brauchen keinen Anschluss an eine Kanalisation und keinen Strom oder Wasseranschluss. Diese Toilettenart wäre sogar in der Wüste oder auf Hochebenen leicht aufgestellt, wenn der nötige Wille da wäre, sowie eine Anstrengung der internationalen Staatengemeinschaft, die Mittel dafür aufzubringen.
Schließlich sollte die Ungerechtigkeit auf diesem Planeten endlich abgeschafft werden. Armut, Ausbeutung, sexuelle Gewalt, Krankheiten, Kriege, hygienische Unterversorgung und Hungersnöte sind nach wie vor an der Tagesordnung. Das ist ein erschreckender Befund zur Lage der Welt im 21. Jahrhundert.
Wir können uns daher täglich glücklich schätzen, dass wir mit Badezimmer, Toilette und Trinkwasser leben dürfen. Wir haben mit dem Klosett ein Kulturgut, das Krankheiten wie Cholera, Infektionen oder Durchfall verhindert. Es verhilft uns also zu mehr Gesundheit – und Hand aufs Häusl-Herz – erleichternd ist es obendrein!
Wissenswertes und kurioses rund um Kot und Klo:
- Das 1623 erbaute und später großzügig erweiterte Schloss Versailles (Frankreich) beherbergte zu seinen Glanzzeiten bis zu 5000 Menschen – und es gab keine einzige Toilette. König und Adel hatten mitunter einen Kackstuhl zur Verfügung, entleerten sich aber auch in den Gängen oder im Schlosspark.
- Erfunden wurde das Wasserklosett vom Engländer Sir John Harington im Jahr 1596. Zur allgemeinen Anwendung kam es aber erst, als der Brite Alexander Cummings 1775 das erste WC mit Siphon patentieren ließ.
- Trockentoiletten sind eine Erfindung von Henry Moule aus dem Jahr 1860. Die Toilette bestand aus einem Stuhl mit Loch, darunter ein Eimer, in den die Exkremente fielen. Bedeckt wurden sie mit Asche, Erde oder Sägespänen. Dieses Prinzip wird heute zum Beispiel von der Firma öKlo angewandt.
- Das legendäre Woodstock-Festival 1969 zählte 500.000 Besucher:innen, hatte jedoch nur 600 Toiletten für sie zur Verfügung gestellt.
- Rund drei Jahre unseres Lebens verbringen wir auf der Toilette, das sind etwa 20 Minuten täglich.
- Etwa 70 Kilogramm Kot scheiden wir jährlich im Schnitt aus
- Bis Mitte des 19. Jahrhundert waren in Wien und anderen Großstädten sogenannte Abtrittanbieter:innen unterwegs. Sie boten gegen Geld hölzerne Gefäße und einen Umhang für das große Geschäft in aller Öffentlichkeit an.
- Wien verfügte als erste Stadt in Europa bereits im Jahr 1879 über eine flächendeckende Kanalisation.
- Paruresis (Urinophobie) ist eine psychisch bedingte Blasenentleerungsstörung.
- Die teuerste Toilette aller Zeiten kostet 14 Millionen Euro und steht nicht auf der Erde, sondern befindet sich auf der Raumstation ISS im All. Sie funktioniert mit Unterdruck, ist teilweise aus Titan gebaut und wandelt Urin in Trinkwasser um.
- Rund achtmal täglich furzen wir im Schnitt.
- Trenntoiletten separieren Kot und Urin bereits beim Klogang, damit sie dann getrennt behandelt und als Basis für Düngemittel wiederverwertet werden können. Forschungen dazu laufen, etwa bei öKlo.
- Im Alltag verwenden wir hin und wieder „Geh Scheißen“ oder „Leck mich am Arsch“ und andere derbe Ausdrücke der Fäkalsprache.
- Jährlich, am 26. August, ist in den USA der internationale Tag des Toilettenpapiers (National Toilet Paper Day). Durchschnittlich knapp 50 Rollen verbrauchen wir per Haushalt in den Industrieländern pro Jahr.
- Während der Corona-Pandemie kam es zu Hamsterkäufen bei Toilettenpapier. Der Grund dafür ist bis heute unklar.
Links und weiterführende Informationen:
DER STANDARD: Das Tröpferlbad: Wo sich die Teuerung brausen gehen kann
Wikipedia: Welttoilettentag
planet wissen: Versailles
Futurezone: Bill Gates und Samsung entwickeln Toilette
öKlo Blog: Hier bleibst du am Ball!