Der Umgang mit unseren Exkrementen ist ein Problem so alt wie unsere Zivilisation selbst. Bereits im alten Rom vor über 2000 Jahren verfügte man über Lösungen zur Verrichtung der Notdurft. Die sogenannte „Latrine“ war bereits mit Abwasserkanälen ausgestattet, welche die Ausscheidungen direkt abtransportierten. Simple Sitzbrettverbauten wurden direkt über die Kanalrinnen gebaut und es wurde tatsächlich dicht an dicht nebeneinander das Geschäft verrichtet.
Wohin, wenn man mal „musste“?
Wenn sie zu Hause waren, wussten die Römer ja wohin. In den vornehmen Häusern gab es eine Toilette, in den Mietwohnungen der einfachen Menschen, benutzte man die matella (Nachttopf). Was aber, wenn man in der Stadt unterwegs war und sich ein dringendes Bedürfnis bemerkbar machte? Einfach kurz hinter eine Ecke zu verschwinden, war streng verboten. Manche Hauseigentümer verliehen dem allgemeinen Verbot mit einer an die Wand gemalten Warnung Nachdruck:
„cacator, cave malum!“
Kacker, pass auf, dass es dir nicht schlecht ergeht!
Latrinen als öffentliche Toiletten
Üblicherweise suchte man in solch einem Fall eine öffentliche Toilette auf, besser bekannt als „Latrine“ oder wie im Original auf Latein „Latrina“. Solche Toiletten gab es überall im Stadtgebiet, vor allem im Zentrum und bei den Badeanstalten. Getrennte Männer- und Frauentoiletten scheint es nur bei Bädern gegeben zu haben, in denen man auch getrennt badete. Die Benutzung kostete in der Regel eine kleine Gebühr, welche meist aber so lächerlich gering war, dass sie eigentlich für jeden leistbar waren.
Überraschend im Vergleich zu heute ist das Fehlen von Trennwänden. Die normale Latrine hatte 10-20 Sitzplätze – die größten boten bis zu 80 Personen Platz. Für die Römer war das normal. Deshalb blieben manche Leute auch länger als nötig da und führten längere „Klo-Gespräche“. Auch boten sich vielerlei Geschäfte an. Während hier die ein oder andere Geschäftsbeziehung verbessert wurde, war Glücksspiel um Gold oder Wertmarken fürs örtliche Bordell sehr beliebt.
Die lange römische Kleidung schützte vor ungewollten Blicken. Außerdem wusste jeder, dass man an diesem Ort dem anderen nur ins Gesicht schaute. Unter den mehrheitlich steinernen, manchmal auch hölzernen Sitzbrettern verlief ein Kanal, in dem größtenteils ständig fließendes Wasser alles wegspülte. Eine andere Rinne mit ebenfalls frisch nachfließendem Wasser befand sich vor den Sitzen. Von dort nahm man eine Handvoll Wasser, um sich zu reinigen, oder man benutzte dazu einen an einem Stock befestigten Schwamm. In den meisten Latrinen wurden diese Schwämme bereitgestellt – einen eigenen Schwamm mitzubringen war sicher hygienischer, kam aber nur selten vor.
Die meisten römischen Latrinen waren keine Orte, die zum Verweilen einluden. Es gab aber auch Sanitäranlagen für vornehme Besucher – sie waren mit Statuen, Mosaiken und Malereien geschmückt. Als wirklich „stille Örtchen“ kann man aber auch diese „Prachtlatrinen“ nicht bezeichnen, da auch hier rege Unterhaltungen und Diskussionen an der Tagesordnung standen.
Die antiken Toiletten waren ein Ort des Miteinanders. Heutzutage ist der Toilettengang eine höchst intime Angelegenheit und in der Gesellschaft oft auch mit ein wenig Scham verbunden. Nicht allein deswegen sind die damaligen Umstände für uns unvorstellbar.
Keimschleudern statt Hygieneparadies
Ein weiterer Punkt, der heute oft falsch dargestellt wird, ist die Annahme, dass die Latrinen sehr hygienische Orte waren. Denn das Gegenteil war zumeist der Fall. Es waren wahre Keimschleudern. Die Exkremente wurden zwar meistens direkt durch den Kanal weggeschwemmt, allerdings kam man überall anders mit den Fäkalkeimen in Kontakt und an den Gemeinschaftsschwamm wollen wir an diesem Punkt gar nicht erst denken.
Eine der weitverbreitetsten Krankheiten war die Diphyllobothriasis, der Befall mit dem Fischbandwurm. Dieser Parasit nistet sich im Darmtrakt von Menschen ein, wo er bis zu 20 Meter lang und 25 Jahre alt werden kann. In archäologischen Stuhlproben fanden Wissenschaftler immer wieder die Eier des Wurms. Den Grund sehen sie in einer Gewürzsauce, die sich im gesamten Römischen Reich großer Beliebtheit erfreute, dem Garum. Dabei handelt es sich um eine Art Maggi, das aus vergorenen Fischabfällen gewonnen wurde. Die Paste wurde nicht gekocht, lediglich lange in Bottichen der prallen Sonne ausgesetzt, wo der Fischbandwurm ideale Bedingungen zur Vermehrung vorfand.
Die Symptome waren Durchfall und ein Magen-Grummeln – im Vergleich zu anderen Krankheitsbildern in der Antike, war es den Menschen aber ziemlich egal, zumal man damals noch keine Kenntnisse über Bandwürmer oder deren Folgen besaß. Massen von ihm gerieten in die öffentlichen Kanäle. Weil diese durch die starke Nutzung der Latrinen schnell überzuquellen drohten, mussten sie in regelmäßig ausgehoben werden. Die Exkremente wurden ohne anständiger Kompostierung auf den Feldern als Düngemittel eingesetzt. Mit der Ernte kehrte der Bandwurm in den Nahrungskreislauf zurück.
Damals (nicht) wie heute
Ganz klar, wir könnten uns heutzutage nicht mehr vorstellen, so zu leben. In Zeiten von digitaler Überwachung und Kameras an allen Ecken und Enden ist ein kleines bisschen Privatssphäre vielleicht doch gar nicht so verkehrt. Und mal ehrlich: Geschäfte lassen sich auch in passenderen Situationen abschließen als mit einem Duft in der Nase, der einen wohl dem Erbrechen nahebrachte.
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Toilette
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