Um erstmal ein Grundverständnis dafür zu bekommen, werden wir euch die einzelnen Vorgänge und die Funktion von Kläranlagen erläutern. Tiefer in die Materie geht es dann in den kommenden Blogs.
Mechanische Vorreinigung
Das in der Kanalisation gesammelte und durch den Zulauf einströmende Abwasser durchläuft zunächst die mechanische Vorreinigung. Dabei wird das Wasser in der Rechenanlage von groben Verunreinigungen wie Ästen, Steinen, groben Papier, verendeten Tieren etc. befreit. Anschließend wird im Sandfang durch Belüftung des Beckens eine Walzenströmung erzeugt, welche organische Teilchen in der Schwebe hält und schwerere Partikel wie Sand oder Glasbruch sich absetzen können. Öle und Fette, welche sich an der Wasseroberfläche sammeln, werden abgeschöpft und entsprechend verwertet. Diese ersten beiden Stationen zur groben Vorreinigung des Abwassers sind – neben der gewünschten Filtrierung der jeweiligen Abfallstoffe – notwendig, um Verstopfungen oder gar Schäden in der weiter folgenden Anlage zu vermeiden.
Als Nächstes wird das Klärwasser in das Vorklärbecken befördert, hier sorgt man durch Verringerung der Strömungsgeschwindigkeit dafür, dass sich ein Teil der ungelösten Verunreinigungen wie Fäkalien, Papier, etc. absetzen können. Die sich am Beckenboden sammelnde Masse wird als Primärschlamm bezeichnet und fließt direkt in die weitere Schlammbehandlung ein.
Nach der mechanischen Vorreinigung werden in der biologischen Reinigung verbleibende Verschmutzungen im Wasser durch Bakterien abgebaut. Der Großteil der kommunalen Kläranlagen in Mitteleuropa wird nach dem Belebtschlammverfahren betrieben. In diesem Verfahren kommt ein Belebungsbecken und ein Nachklärbecken zum Einsatz. In ersterem Becken trifft das Abwasser auf einen mit einer Bakterienmasse angereicherter Schlamm, welcher auch Belebtschlamm genannt wird. Diese Bakterienmasse sorgt dafür, dass die Verschmutzungen durch Nitrifikation und Denitrifikation abgebaut werden.
Belebungsbecken
Nitrifikation (=Oxidation von Stickstoff zu Nitrat)
In diesem Vorgang zersetzen die Bakterien die im Wasser befindlichen organischen Kohlenstoffverbindungen, indem Stickstoff als Ammonium-Stickstoff abgespalten wird. Anschließend wird dieser abgespaltene Ammonium-Stickstoff mit Sauerstoff zu Stickstoff-Nitrat oxidiert. Diese Prozessstufe wird allgemein als Nitrifikation bezeichnet, zum einwandfreien Ablauf sind ausreichend Sauerstoff und entsprechende Bakterien im Klärwasser notwendig.
Denitrifikation (=Abbau von Nitrat-Stickstoff)
Die Nitrifikation führt in Gewässern zur Sauerstoffzehrung, darum ist es notwendig, das zuerst erzeugte Stickstoff-Nitrat durch die Umwandlung zu molekularem Stickstoff abzubauen, der anschließend an der Wasseroberfläche in die Atmosphäre entweichen kann. In unserem Beispiel wird dieser Vorgang simultan betrieben. Das bedeutet, dass die Oxidation von Stickstoff zu Stickstoff-Nitrat und der anschließende Abbau von Stickstoff-Nitrat im selben Klärbecken erfolgen. Der Abbau kann jedoch nur unter Sauerstoffentzug stattfinden, weswegen die Belüftung des Beckens durch zeitweises zu- und abschalten erfolgt. So wird einerseits für genügend Sauerstoff zur Nitrifikation und andererseits für Sauerstoffentzug zur Denitrifikation gesorgt.
*Diese beiden Prozesse können auch in getrennten Becken erfolgen. Entweder durch vorgeschaltete Denitrifikation, wo das erste Becken unter Sauerstoffausschluss und aus dem sauerstoffreichen zweiten Becken das nitrathaltige Abwasser zurückgepumpt wird. Oder durch nachgeschaltete Denitrifikation, bei der im ersten Becken nitrifiziert und im zweiten denitrifiziert wird. Dort fehlen aber die organischen Stoffe, welche im ersten Becken bei der Nitrifikation mit veratmet wurden. Die Zugabe organischer Stoffe z. B. Methanol, Melasse oder Acetat ist dabei notwendig und daher ist dieses Verfahren eher ungebräuchlich.
Nachklärbecken
Das Nachklärbecken bildet eine Prozesseinheit mit dem Belebungsbecken. Hier lagert sich der Belebtschlamm in Bodennähe ab und wird so aus dem Wasser getrennt. Dieser Schlamm wird im Anschluss zum Großteil in das Belebungsbecken zurückgeführt (Rücklaufschlamm), um dort die Menge an Bakterien ausreichend hoch zu halten. Ein wesentlich geringerer Teil davon wird als Überschussschlamm zusammen mit dem Primärschlamm des Vorklärbeckens zur weiteren Verarbeitung in die Schlammbehandlung abgeführt.
Damit sich der Schlamm im Nachklärbecken aber absetzen kann, bildet er – im Zuge des Reinigungsprozesses – Flocken mit möglichst hoher Dichte. Fadenförmige Mikroorganismen im Abwasser können jedoch dafür sorgen, dass sich diese Flocken lose zusammenballen, was zu Schwebe- oder Blähschlammbildung führt. Anstatt sich abzusetzen, schwimmt er auf und wird so aus der Kläranlage ausgeschwemmt. Das beeinträchtigt nicht nur die Gewässer, sondern auch die Reinigungsleistung der Kläranlage, da so nicht mehr ausreichend viel Belebtschlamm im System gehalten werden kann, um das Schlammalter (=mittlere Aufenthaltsdauer der Biomasse) im System stabil zu halten.
Schlammbehandlung
Die bei der Abwasserreinigung anfallenden Schlämme (Primärschlamm/Überschussschlamm) werden hier gesammelt und die verbliebenen organischen Kohlenstoffverbindungen werden in der Schlammfaulung abgebaut, um Geruchsbeeinträchtigung weitgehend zu vermeiden. Im Anschluss wird der Schlamm der Mengenreduzierung zugeführt, um sein Volumen zu verringern und ihn so weiter verwerten oder entsorgen zu können. Das geschieht durch die Trennung des Wassers vom Faulschlamm, was einerseits in der Schlammeindickung und andererseits unter Verwendung entsprechender Maschinen in der Schlammentwässerung erfolgt.
Schlammfaulung/Schlammstabilisierung
Der im Vorklärbecken abgeführte Primärschlamm wird zusammen mit dem Überschussschlamm aus dem Nachklärbecken als Rohschlamm bezeichnet. Dieser Rohschlamm wird im Faulungsprozess unter sauerstoffarmen Bedingungen durch Mikroorganismen zu Faulschlamm und Faulgas abgebaut. Das Faulgas setzt sich aus ca. 60-70% Methan, 26-36% Kohlendioxid und geringen Mengen Wasserstoff als auch Schwefelwasserstoff zusammen und kann als Biogas weiter genutzt werden.
In der Praxis werden durch die Schlammfaulung ca. 20% der organischen Masse des Rohschlamms abgebaut. Theoretisch wäre eine weitaus höhere Reduzierung möglich, was den Prozess jedoch wesentlich verlangsamen würde, da die restliche organische Masse nur schwer abbaubar ist.
Mengenreduzierung
Schlammeindickung
In den meisten Fällen wird der Faulschlamm in einem statischen Verfahren eingedickt, bei welchem die Schlammflocken sedimentiert werden. Des Weiteren kann auch ein sogenannter Trommeleindicker zum Einsatz kommen, bei welchem in einer Filtertrommel Feststoffe vom Wasser getrennt werden. Das so ausgefilterte Trübwasser wird dem Klärprozess wieder zugeführt.
Schlammentwässerung
Die weitere Mengenreduzierung stellt die Schlammentwässerung dar, bei der unter Verwendung von Schlammpressen oder Zentrifugen ein weiterer Wasseraustrag stattfindet. Dies geschieht unter steigendem Einsatz von Chemikalien wie Flockungsmittel oder Kalk.
Nach diesem Vorgang kann der verbliebene Klärschlamm der Klärschlammvererdung zugeführt werden.
Hoffentlich kennt Ihr Euch jetzt etwas genauer aus. Das sollte auf jeden Fall reichen, damit ihr fit für die nächste Woche seid!
Dann gehen wir auf die anfallenden Ausstöße ein und auf die Inhaltsstoffe, die trotz Kläranlage im aufbereiteten Wasser zurückbleiben.
Linksammlung:
- https://www.bmnt.gv.at/wasser/wasserqualitaet/abwasserreinigung/klaeranlage.html
- https://de.wikipedia.org/wiki/Kläranlage
- http://www.wasser-wissen.de/abwasserlexikon/b/belebtschlammflocke.htm
- https://www.umweltfoerderung.at/fileadmin/user_upload/media/umweltfoerderung/Dokumente_Betriebe/Wasser_Betriebe/Studien_Wasserwirtschaft/Endbericht_Granulares_Belebtschlammverfahren_final.pdf
- http://www.noe.gv.at/noe/Wasser/KLARAS_-_Theoretische_Grundlagen.pdf
- http://klaeranlage.eu/service-leistungen/blaehschlammbekaempfung/
- https://www.nuernberg.de/internet/sun/abwasser_schadstoffe.html