Behindertensport im Zentrum der Aufmerksamkeit
Am 24. August haben die XVI. Sommer-Paralympics in Tokio begonnen. Es werden 4.400 Athleten erwartet, 24 kommen aus Österreich. In 8 von 22 Sportarten sind unsere Sportler dabei: Leichtathletik, Kanu, Reiten, Schwimmen, Tischtennis, Triathlon, Rollstuhl-Tennis und Radsport. ORF 1 und ORF SPORT + berichten täglich von den Highlights des Vortages.
Barrierefreiheit ins Zentrum der Aufmerksamkeit
Für Japan bieten die Paralympics die Gelegenheit, Themen wie Barrierefreiheit und Integration voranzutreiben. Neben der Verbesserung der Infrastruktur durch z. B. mehr behindertengerechte Sitzplätze in Zügen oder dem Bau zugänglicher Toiletten, spielen auch Aufklärungsmaßnahmen eine Rolle. Noch immer haben Menschen mit Behinderung nicht die Gleichstellung, die ihnen zusteht. Dies gilt auch für Österreich.
Ob Sport-Event oder Kulturveranstaltung, eine ungehinderte Teilhabe ist oftmals nicht selbstverständlich. Die notwendige Infrastruktur ist oftmals unzureichend oder schlichtweg nicht vorhanden. Schon der Weg zum Veranstaltungsort ist nicht selten mit Hürden verbunden. Die Anreise muss häufig lange im Voraus geplant werden. Trotz maßgeblicher Verbesserungen im öffentlichen Personen-Nah-Verkehr in den 80ern und 90ern ist nach wie vor vieles im Argen.
Werden z. B. alle vorhandenen Lifte einer Station gleichzeitig gewartet, bedeutet das für Faultiere Stiegen steigen, für Menschen mit Mobilitätseinschränkung ist es aber so richtig beschissen und mit teils größeren Umwegen verbunden. Für Städte wie Wien wollen Apps Abhilfe schaffen. Schnell soll über den Status der Lifte und die Verfügbarkeit behindertengerechter Zuggarnituren und Busse informiert werden. Dann weiß man wenigstens im Vorfeld, dass man aus der U-Bahn-Station eventuell nicht mehr rauskommt und die Reise länger als geplant dauert.
Integration – Bitte einhalten.
Auch der spontane Kaffeehausbesuch nach einer Veranstaltung kann ganz schnell zu einer Odyssee auf der Suche nach einer zugänglichen Toilette ausarten. Da überlegt man sich es zweimal, ob man noch eine zweite Tasse trinkt. Denn auch die wenigen öffentlichen barrierefreien Toiletten sind oftmals defekt, gesperrt oder werden durch Zweckentfremdung unbrauchbar. Eine qualitative Studie der MA 57 zeigt die Probleme auf, denen Menschen mit Behinderung gegenüberstehen.
“Das Fehlen ausreichender und hygienischer barrierefreier Toiletten im öffentlichen Raum wie auch in Lokalen oder bei Veranstaltungen machen das Leben insbesondere von Frauen im Rollstuhl beschwerlich. So werden Letztere oftmals von einer Teilnahme oder der Möglichkeit, sich mit anderen zu treffen, ausgeschlossen bzw. stark beschränkt.
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Auch auf Christkindlmärkten oder Festivals werden oft nur „WC-Wagons“ mit Stufen, die nicht zugänglich seien, installiert. An derartigen Veranstaltungen könne daher nur kurz teilgenommen werden – möglichst ohne inzwischen etwas zu trinken. Generell sei es schwierig, unbeschwert unterwegs zu sein, wenn man nicht wisse, ob für den Notfall passende Toiletten angeboten werden.”
Frauen, die behindert werden… … auf ihrem Weg zur Gleichstellung in Wien. Eine qualitative Studie mit und über Frauen mit Behinderungen in Wien (2019). Im Auftrag des Frauenservice Wien (MA 57).
Viele barrierefreie Toiletten sind mittlerweile nur noch mit dem Euro-Key zugänglich. Mit gültigem Behindertenpass und entsprechender Eintragung darin kann der Schlüssel kostenlos angefordert werden. Das System hilft, die sanitären Einrichtungen zu schützen, verwehrt aber auch all jenen den Zutritt, die nur kurzfristig z. B. wegen eines Beinbruchs grade nicht so können, wie sie wollen.
Barrierefreie Toiletten sind zudem nicht nur für Menschen mit Behinderung wichtig. Auch Senioren und Eltern mit Kindern freuen sich über die Bewegungsfreiheit und zusätzliche Ausstattung in den Toiletten. Wie soll man sonst allein mit Kinderwagen in eine kleine Kabine gehen, wenn man dringend muss? Und auch für den Papa, der mit seiner kleinen Tochter nicht unbedingt auf die Damentoilette schleichen möchte, ist die zumeist geschlechtsneutrale Behindertentoilette die letzte Rettung.
Was ist barrierefrei?
Auch wenn mehr Platz oder eine Rampe vielen Menschen helfen, so sind diese Features nicht automatisch mit Barrierefreiheit gleichzusetzen. Ist die Rampe zu steil, der Lift zu eng, dann ist das alles nur noch gut gemeint, aber nicht unbedingt für alle nutzbar.
Eine Toilette, die für möglichst viele Menschen zugänglich sein soll, muss daher sehr gut durchdacht sein. Ein technisches Informationsblatt der WKO zeigt im Detail auf, wie das Traum-Klo bestenfalls aussieht. Auch wir von öKlo haben uns darüber Gedanken gemacht, wie man die Barrieren bei der Nutzung einer mobilen Toilette reduzieren kann. Schon lange haben wir das öKlo Barrierefrei in unserem Sortiment und es wird auch immer öfter angefordert.
Eine Toilette: barrierefrei UND mobil
Mit dem Ziel unser öKlo Barrierefrei zu verbessern, haben wir uns an jene gewandt, die es am besten wissen. Wir sind in Dialog mit den Anwendern und Anwenderinnen unseres Häusls getreten, mit Menschen mit Behinderung. In enger Zusammenarbeit mit Frau Maria Grundner der Mobilitätsagentur Wien hat unser Entwicklungsteam einen Prototyp für ein noch besseres Klo entworfen.
Augenmerk wird dabei auf eine Vielzahl verschiedener Behinderungen gelegt. Dass der unterfahrbare Waschtisch nicht gerade mit Fußpumpe bedient werden sollte, war uns klar. Ausreichend Raum, gezielt positionierte Griffe, aber auch eine kontrastreiche Farbgestaltung soll das neue Klo bieten, alles ÖNORM B 1600:2020 gemäß. Das öKlo muss dabei jedoch gleichzeitig auch kompakt und mobil bleiben, was sich als Herausforderung in der Planung herausstellt.
Schon bald wird nun die Testphase beginnen. Wir können es schon gar nicht erwarten und hoffen, dass das neue öKlo Barrierefrei schon in naher Zukunft in Produktion gehen kann. Denn jeder muss mal, aber es soll auch jeder können und dafür braucht es mehr (echte) Barrierefreiheit.
Links zum Thema
- 2020 Paralympics in Tokio
- Japan bemüht sich um mehr Barrierefreiheit vor den Paralympics
- Paralympics in Tokio: Auf dem Weg zu einer integrativen Gesellschaft
- Exklusion behinderter Menschen durch Mobilitätsbarrieren in Österreich
- Technisches Informationsblatt der WKO Barrierefreie WC-Anlagen
- Barrierefrei feiern: Informationen für die Veranstaltungsbranche zum Thema Barrierefreiheit
- „Falsche Barrierefreiheit“: Wenn die Welt aus Hürden besteht
- Frauen, die behindert werden… … auf ihrem Weg zur Gleichstellung in Wien.
- Öffi-Odysee: Aufzüge gesperrt – Rollstuhlfahrer saß in der U-Bahn fest
- Mobilitätsagentur
- Österreichischer Behindertenrat: euro-key